Nachdenkliche Worte bei Übergabe des städtischen Kunstpreises
Leben für und von der Kunst
Am Sonntag wurden im Städtischen Kulturzentrum Franck-Haus der Kunstpreis der Stadt Marktheidenfeld und der Publikumspreis an die beiden Gewinner Edwin Kaiser und Andi Schmitt überreicht. Laudator Jürgen Hochmuth fand lobende Worte für die Künstler und die Stadt Marktheidenfeld. Kritisch beleuchtete er dagegen die existentiellen Grundlagen für Bildende Künstler in unserer Gesellschaft.
Mit über 2 000 Gästen hatte die Ausstellung im Franck-Haus zum Kunstpreis-Thema „Wechselbad“ einen herausragenden Besucherzuspruch erlebt, resümierte Marktheidenfelds Bürgermeisterin Helga Schmidt-Neder zufrieden. Sie dankte den Initiatoren, Organisatoren und Juroren des Kunstpreises, dessen Titel bestens das aktuelle Geschehen in der Stadt widergespiegelt habe und zu einer qualitätsvollen Präsentation unterschiedlichster Standpunkte zeitgenössischer Kunst aus Unterfranken beigetragen konnte.
Sie übergab zusammen mit dem Centermanager des neuen Wonnemar-Freizeitbads, Wilko von Rijn den vom Stuttgarter Bäderbetreiber Interspa mit 2000 Euro dotierten Kunstpreis der Stadt Marktheidenfeld an den Preisträger Edwin Kaiser aus Würzburg. Sein Siegerbild „Einwortgedicht Nr. 5 - Tja“ wird durch die Stadt Marktheidenfeld erworben und künftig im Rathaus präsentiert. Edwin Kaiser zeigte sich beinahe überwältigt und trug dem Publikum bei seinen Dankesworten ein paar eigene Gedichte vor, die sich mit Bedeutung und Sinn seines Schaffens auseinandersetzen.
Den Publikumspreis hatte mit deutlichem Vorsprung aus über 900 abgegebenen Stimmkarten Andi Schmitt, der in Randersacker und Würzburg lebt und arbeitet, mit seinem Landschaftsbild „Zwielicht“ gewinnen können. Aus den Händen von Bürgermeisterin Helga Schmidt-Neder konnte er dafür ein Preisgeld von 500 Euro entgegennehmen, das die niederländischen Baufirma Pellikaan, die den Bau des neuen Wonnemars bewältigte, zur Verfügung gestellt hatten.
Beide Künstler werden im Jahr 2014 eine gemeinsame Ausstellung im städtischen Kulturzentrum Franck-Haus ausrichten können. Bürgermeisterin Helga Schmidt Neder war sich sicher, dass nach dem „Meefisch“-Wettbewerb für Bilderbuchillustratoren im kommenden Jahr das Geschehen in der Stadt wieder eine gute Grundlage zur dann 9. Auflage des Kunstpreises im Jahr 2014 abgeben werde.
Jürgen Hochmuth, städtischer Kunstpreisgewinner des Jahres 2010 aus Rimpar, würdigte in seiner Verleihungsrede zunächst den Publikumspreisträger Andi Schmitt. Seine schlichten, klaren Landschaftsbilder, beschrieben keine wirklichen Orte und variierten in unzähligen Stimmungen. Sie seien nicht Abbild sondern Sinnbild, Seelenlandschaften in dem einer, dem Romantiker Caspar David Friedrich folgend, male, was er in sich sehe. Andi Schmitts Werke seien durch Naturerleben in Einsamkeit geprägt und folgten in ihrer Empfindsamkeit modern dem romantischen Geist. Der Laudator meinte, dem Publikum im Falle von Schmitts Bild „Zwielicht“ zu einer absolut kompetenten Wahl gratulieren zu können.
„Tja?“ Dieser Titel trage im 2011/2012 entstanden Bild des Kunstpreisträgers Edwin Kaiser, dem Zweifel, ein Wechselbad der Gefühle an den Betrachter heran. Hochmuth interpretierte die einzelnen Elemente der kühl wirkenden Bildkomposition des Einwortgedichts Nummer 5, dem die Titel „Resignation“, „Vergebens“, „Scheißspiel“ und „Genug“ vorausgegangen seien. Thema und Inhalt der Werke sei Skepsis und Täuschung. Augentäuscherei sei in Kaisers Augen ein zentraler Bestandteil unserer Gesellschaft, die von der Reduzierung auf das Banale gekennzeichnet sei. „Ich kann nur Kunst“, entgegne der in bescheidenen Verhältnissen lebende Künstler, dem wohl meinenden Rat, sich beruflich anders zu orientieren.
Dies nahm Jürgen Hochmuth zum Anlass, sich in seiner Laudatio mit der wirtschaftlichen Lage von Künstlern kritisch auseinanderzusetzen. Eine Untersuchung des Bayerischen Landtags habe kürzlich gezeigt, dass obwohl man die Kunst in Sonntagsreden stets als wesentlichen Bestandteil unseres Lebens feiere, die Künstler zur dekorativen Minderheit abqualifiziert würden. Nicht wenige von ihnen fristeten ihr Leben mit Hartz IV-Geldern.
Zwei Drittel aller Künstler in Bayern könnten aus ihrer Tätigkeit nicht einmal 500 Euro an Einnahmen im Jahr realisieren. Der jährliche Durchschnittsverdienst sei für Künstler in Bayern mit 1 362 Euro ermittelt worden und dies für hochqualifizierte Menschen, die oft ein Hochschulstudium absolviert hatten. Private und öffentliche Hände vernachlässigten die zeitgenössische Kunst und deren Akteure eigentlich in unverantwortlicher Weise, nutzten deren Potenziale nicht.
Umso mehr wollte Hochmuth an dieser Stelle der Stadt Marktheidenfeld danken, die mit dem Kulturzentrum Franck-Haus und ihrer Kunstpreis-Initiative mutig eine andere Position einnehme und der Bildenden Kunst wie den Künstlern Räume und Chancen öffne. Als beispielhaft betrachtete er die Mitnahme privater Unternehmen bei der Finanzierung der Preisgelder. So werde auch die Wirtschaft an ihre kulturelle Verantwortung erinnert und dem negativen Trend der Vernachlässigung öffentlich wie privat positiv entgegengewirkt.
Text und Bild: Martin Harth
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